[aktualisiert: 17.10.20] Sie sollten das große Sport-Highlights des Jahres werden: die Olympischen Sommerspiele in Tokio. Neue Sportarten und Disziplinen stehen in den Startlöchern. Während Sportler sich akribisch vorbereiteten, jagte Tokio nach dem grünen Siegel. Bis Corona kam – Countdown stopped. Warum die Olympiade in Tokio nicht nur deshalb zu einen der bedeutsamsten Spiele werden kann …

 

Am 24. Juli 2020 sollte der Startschuss fallen: Die Sommerspiele mit Wettkämpfen aus insgesamt 33 Sportarten und 51 Disziplinen sollten in Japans Hauptstadt offiziell eröffnet werden. Die Leistungen der Top-Athleten sowohl der Olympischen Spiele als auch der Paralympischen Spiele würde man dann im TV verfolgen: Vieles davon live  – die sieben Stunden, die Japan voraus ist, in seiner persönlichen Agenda einberechnet.

24. Juli 2020: Die Corona-Pandemie stoppte das Vorhaben abrupt. Für die Sportler ein hartes Los. Aber auch für die Orgaisatoren und Ausrichter. Die Mühen müssen aber nicht umsonst gewesen sein. Zurück auf Los. Für 2021.

 

Olympia Tokio mit überraschenden Neuigkeiten

Wie das IOC im Jahr 2016 bekannt gab, werden für die kommenden Sommerspiele folgende fünf neue Sportarten aufgenommen:

  • Surfen,
  • Sportklettern,
  • Baseball (Männer)/Softball (Frauen),
  • Karate und
  • Skateboard.

Den Reiz vom Beachvolleyball sind viele erlegen, nicht zuletzt seit den deutschen Olympia-Siegen in London 2012 und Rio 2016. Der äußerst athletische Sport steht gleichzeitig für Urlaubsfeeling pur. Jetzt scheint Surfen im offenen Ozean noch etwas tiefer einzutauchen und einen Hauch von Freiheit und Abenteuer zu versprühen. Doch das ist nicht die einzige neue Disziplin, erstmals wird auch Skateboarden ins Programm aufgenommen. Diese Sportart ist mehr als nur ein Trend: Es ist ein lebendiger Mix aus sportlicher Akrobatik und Lebenskultur – Musik, lässige Kleiderstile sowie generationsübergreifende Individualität begleiten hier Höchstleistungen. Und überrascht: Mit gerade einmal zwölf Jahren ist die deutsche Skateboard-Meisterin Lilly Stoephasius auf dem Weg, das Ticket zur Olympia-Qualifikation zu lösen. Dieser Wettbewerb ist einer der wenigen, für den es keine Altersbeschränkung gibt. Mehr Jugendlichkeit, mehr trendige Szenerien für die junge Generation, mehr Zugang zur Urbanisation des Sports.

Neu und interessant ist auch der kompakte Austragungsort: Die meisten Wettbewerbe sollen innerhalb einer acht-Kilometer-Zone um das olympische Dorf ausgetragen werden. Ebenfalls frisch aus dem Boden gestampft ist – das dürfte weniger überraschen – das Olympiastadion, das die alte Olympia-Stätte von 1964 ersetzt. Und damit nicht genug: Innerhalb des olympischen Dorfs können sich Sportler und Besucher erstmals autonom befördern lassen.

Zusätzlich zu neuen Sportarten werden auch wieder weitere Disziplinen bestehender Sportarten eingeführt, unter anderem 3×3 Basketball, eine Mixed-Staffel über 4 × 400 m in Leichtathletik sowie Mixed-Wettbewerbe im Tischtennis, Bogenschießen, Judo und Triathlon. Es wird paarig.

 

Übertragung der Spiele und die Sportler

So viel Neues – wenn man schon nicht hautnah dabei sein kann, lässt es sich dennoch live erleben: Die Spiele werden wieder live im Fernsehen und Live-Stream zu sehen sein. Kostenlos und ohne Anmeldung im Free-TV und Stream auf den öffentlich-rechtlichen Sendern. Stellt sich die Frage: Aufstehen oder in den Mediatheken verfolgen?

Bis Juli 2020 hatten sich Sportler aus 140 Ländern qualifiziert. Russland wurde, wie von der Welt-Anti-Doping-Agentur bekannt gegeben, für die nächsten vier Jahre von allen sportlichen Großereignissen ausgeschlossen. Jedoch dürfen russische Athleten unter neutraler Flagge antreten.

Aus deutscher Sicht mag es Medaillen-Hoffnungen unter anderen für die Reiter, dem Ruder-Achter und das Tennis-Mixed Angelique Kerber und Alexander Zverev geben. In Leichtathletik wird nicht nur die Heidelberger Region den Atem anhalten, wenn die dort geborene Malaika Mihambo an den Start geht. Die letztjährige Weitsprung-Weltmeisterin, deren Paradedisziplin neben Weitsprung auch Sprint ist, wurde zur deutschen Sportlerin des Jahres 2019 gewählt. Wir sind gespannt, was wir von der Top-Athletin sehen werden.

Ganz besonders aufgeheizt wird die Atmosphäre sicher dann, wenn beim 100-Meter-Lauf der Männer der Nachfolger des dreimaligen jamaikanischen Olympiasiegers Usain Bolt die Ziellinie überquert. Wer wird wohl die Lücke des Bogenschützen-inszenierenden Super-Athleten füllen? Wenn dann noch unter dem „grünen Dach“ der Spiele Wasserdampf die Luft erfüllt, werden gänzlich neue Energien freigesetzt werden. Wie im Blog „Synthetische Kraftstoffe und Wasserstoff – ein fast schon olympischer Mobilitätssprung“ bereits beschrieben, stehen die Spiele unter einem neuen Stern: sauber, CO2-arm, vernetzt und intelligent.

 

Olympia Tokio – Bahn frei für autonome E-Mobilität

Das alles klingt wie eine typische Idee, die man am WG-Tisch allabendlich diskutiert, aber eben nie umsetzt. Japan ist da nun einen Schritt weiter: Der Automobilhersteller Toyota hat bereits ein autonomes E-Shuttle für die Sommerspiele entwickelt. Das autonome Fahrzeug soll Sportler wie Besucher auf dem Olympia-Gelände befördern und so konzipiert sein, dass auch Menschen mit Behinderungen und Familien mit kleinen Kindern sicher transportiert werden können.

Das ist aber nur der Anfang: Für die Zukunftsstadt namens Woven City („Verflochtene Stadt“) soll zudem das Gelände einer stillgelegten Fabrik des Autobauers in Nähe des Bergs Fuji umgebaut werden: als Testfeld für Smart City, autonome Mobilität und Heimautomation. Ein Jurrasic Park, nur dass hier statt fleischfressende Dinosaurier individuelle Mobilität, Robotik, Smart Home oder künstliche Intelligenz zum Leben erweckt werden. Die Stadt soll nachhaltig gestaltet sein, mit einem geringen Kohlendioxid-Fußabdruck. Deshalb sollen die Gebäude hauptsächlich aus Holz bestehen, das teilweise mit Robotern bearbeitet wird. Für die Energieversorgung sind Solaranlagen auf den Dächern zuständig, ebenso wie Brennstoffzellen, die mit Wasserstoff betrieben werden. Fußgänger, Radfahrer und emissionsfreie Autos sollen auf eine intelligente Weise die Straßen teilen.

All dies wird auf den Olympia-Stätten präsentiert sein. Stätten und Städte der Zukunft – ein bedeutsames Vorhaben. Die tatsächliche ökonomische und ökologische Gesamtbilanz ist sicher nicht weniger interessant. Wir dürfen gespannt sein.

 

Nach dem Spiel ist vor dem Spiel

Der abrupte Stopp kann auch eine Chance für ganz neue Spiele werden. Nach all den Erfahrungen in der Pandemie kann ein Zusammenrücken spürbar werden. Wie die Spiele abgehalten und gefeiert werden können, ist derzeit noch unvorstellbar. Dennoch würde man die Pläne der Verantwortlichen gerne umgesetzt sehen, einschließlich den Moment, in dem die Schlusszeremonie gefeiert ist und die Athleten Japan verlassen. Wenn es heißt: „Der Neubewohner können kommen.“ Dann soll das Olympische Dorf zu Wohnheimen umgebaut werden. Brennstoffzellen aus reinem Wasserstoff werden dezentral Strom und Heißwasser erzeugen.

Die Mission ist klar: Mit Wasserstoff als Energiespeicher will man dem Klimawandel entgegentreten. Ein ehrgeiziges Projekt. Dass dies aber gerade auf olympischen Boden präsentiert wird, wo Ehrgeiz Nährstoff ist, ist fast schon eine Art Bolt-Bogenschützen-Inszenierung.

 

Die offizielle Webseite für Olympia Tokio: https://tokyo2020.org/en/

 

 

Bild: AdobeStock ©Stefan Schurr