Früher waren es übergroße Rucksäcke mit Interrail-Tickets. Heute versprühen andere Kandidaten ungebremstes Abenteuerflair: Räder mit Rennradlenkern. Und das nicht nur auf sauber asphaltierten Straßen. Exploring oder Wattfahren. Oder beides? Wie unterscheiden sich Gravel-Bikes von Allroad-Bikes? Und was macht den Gravel-Trend aus?

 

 

Dropbars – nein, es geht nicht um Café-Bars mit leckeren Schokodrops. Dropbar steht für Rennradlenker, schön geschwungen und mit sportlicher Note. Ist sportlich auch immer gleich super racy? Competition, competition … verbissen nach Sekunden jagen? Keineswegs. Es geht auch ganz schön bequem. Und abenteuerreich.

Grossglockner Hochalpenstraße

Grossglockner-Hochalpenstraße (Foto: Simone Giesler)

Immer häufiger betreten Räder mit Rennradlenkern und oft breitere Reifen die Weltbühne. Ihre Piloten sitzen nicht wie bei der Tour der France oder Vuelta a España super gestreckt, sondern etwas aufrechter. Achso, und klar: Wir Normalos sind auch nicht ganz so schnell und fliegengewichtig wie die Profiszene. Mit oftmals langen Fahr-Kilometern vor dem Auge bzw. Display, ist dennoch klar: Bequem muss es sein! Schließlich nach ein paar Kilometern die Nackenmuskeln nicht zu Pfeilsptzen werden oder der Rücken sogar Heimweh nach dem Bürostuhl bekommen. Vor allem, wenn die Untergründe mal etwas rauer werden oder Abstecher ins Gelände locken. Genau hier rollen sie auf den roten Teppich: Endurance Allroad-Rennräder und Gravel-Bikes.

Pures Lebensgefühl mit Rennrad- und Gravel-Bikes (Foto: Simone Giesler)

Pures Lebensgefühl mit Rennrad- und Gravel-Bikes (Foto: Simone Giesler)

 

Der fette Freiheitsbegriff

Während Allroad-Bikes eher für Performance auf vielen Road-Kilometern mit gelegentlichen Schlenkern auf unebenen Untergrund stehen, haben Gravel-Bikes das Abenteuer im Gepäck. Apropos Gepäck: Durch die vielen Anschraubpunkte an Gravel-Bikes lässt sich dies sicher verstauen. Wenn gewünscht, an fast allen Ecken und Enden: Lenker-, Rahmen-, Vorbau-, Oberrohr- bis Satteltaschen machen das möglich. Carry everything-Bags werden sie genannt – sie enden nicht zuletzt in sogenannten Pouch Bags, die sogar eine Bierdose perfekt aufnehmen. Auch wenn nicht gleich die ganze Campingausstattung und der Kleiderschrank mit muss – Exploration ist hier auf jeden Fall Programm.

Aber ist das mögliche Gepäck der einzige Unterschied zu Allroad-Bikes? Oder anders gefragt: Was macht ein Allroad-, was ein Gravel-Bike aus und braucht man eigentlich für jeden Einsatzzweck ein bestimmtes Bike? Dem geht der Artikel Gravel-Bike vs. Allroad-Bike mit einigen Statements zweier Hersteller auf den Grund. Eines vorweg: Freiheit findet man auf beiden Bikes, den fetten Freiheitsbegriff kennzeichnet aber vor allem eins: die Reifenfreiheit.

 

Von der Radiologie über den Mountainbike-EM-Thron ins Abenteuer: Sebastian Breuer in der Gravel-Welt

Sand, Hitze, flüssige Schokoriegel sind die ständigen Begleiter. Die wildeste Bikepacking Offroad-Challenge in Europa verläuft auf 748 km und über 15.000 hm durch die spanische Wüste Taberna. Und mittendrin: Sebastian Breuer. Nein – genauer gesagt: ganz vorne! Nach knapp 44 Stunden holt sich der Neuling in der Gravel-Rennszene prompt den Badlands-Sieg 2022, einem der renommiertesten Ultra Distance Gravel-Races überhaupt. Es geht aber noch mehr: Über 20.000 Höhenmetern auf 1.356 Kilometer. Sebastian startet 2023 auch hier, beim Atlas Mountain Race, erstmals und kommt  in nur 103 Stunden und 23 Minuten als Vierter ins Ziel.

Wüstenlandschaft

Taberna Wüste, Spanien, Austragungsort Gravel-Rennen Badlands (Foto: Victor Martin, unsplash)

Gravel-Rennen, ehemals in USA geboren, sprießen wie Pilze aus dem Boden. Unter den Teilnehmern finden sich viele ehemalige Profi-Radsportler mit bekannten Namen wie Peter Sagan und Peter Stetina. Die Gravel-Welt hat einen größeren Freiheitsgrad, weniger knebelnde Bedingungen und – trotz Staub und Matsch – ein sauberes Image. Noch. Doch dazu im Artikel mehr.

Auch Sebastian ist nun in der Szene angekommen und bekannt. Dabei fing alles ganz anders an. Der Athlet mit Wahlheimat Bensheim hatte sich als junger Nachwuchssportler zunächst in der Straßenrennszene und der Bundesliga bewegt, bis er seinen Leistungssport auf den Mountainbike-Marathon verlagerte. Das Besondere: Er bezeichnet sich nicht als Profisportler, auch heute nicht – wie auch? Heute arbeitet er in Vollzeit beim Reifenhersteller Schwalbe, neben seinem Leistungssport. Durchgeschlagen hat er sich seit seiner Kindheit mehr oder weniger allein, mit allen Höhen und Tiefen. Und knallharten Erfahrungen im Radsport-Business, die ihm auch fast zum Verhängnis wurden. Fast – denn Sebastian hat es auf eigenem Weg geschafft, 2021 den Titel als Europameister und auch Deutschen Meister im MTB-Marathon zu ergattern. Sehr zur Verblüffung des BDR (Bund Deutscher Radsportler) …

Ich hatte die Gelegenheit, Sebastian Breuer zu interviewen. Der spannende Weg des Ex-Radiologen, MTB-Marathon-Europameisters und in Vollzeit beschäftigten Top-Athleten, der nebenbei seine Coffee-Brand vertreibt, ist hier beschrieben: Das Abenteuer ruft – Sebastian Breuer: vom Mountainbike-EM-Titel aufs Gravel-Bike.

Gravel-Rennen, Touren und Festivals für Ambitionierte, Genießer oder auch Neueinsteiger

Es muss ja nicht immer gleich super ambitioniert sein. Auch für Normalos gibt es Rennen, bei denen jeder und jede mitmachen können. Orbit360 ist Deutschlands erste Gravel-Serie, die dieses Jahr zum 4. Mal an den Start geht.

Gravel-Bikes

Gravel-Event Orbit360 (Foto: Simone Giesler)

Wie sie startete? Während viele sich im Jahr 2020 in Schockstarre befanden, wurde der Gründer Raphael Albrecht aktiv und scoutete die kreisförmig durch jedes Bundesland ziehenden einzelne Orbit-Runden. Wenn schon Gravel-Rennen durch die Corona-Beschränkungen unmöglich waren, dann doch innerhalb der Bundesländer austoben! Entstanden sind sich ständig erweiternde Gravel-Touren, die jeder Bike-Fan laden und nachfahren kann. Wer ambitioniert ist, kann sich auch als aktiver Fahrer und aktive Fahrerin melden, Punkte sammeln und in der Rangliste präsent sein.

Der Spaß steht im Vordergrund. Und das stellt Raphael mit seinem Team auch klar: Auf dem jährlich stattfindenden Festival wird zwar der Startschuss der Serie mit einigen bekannten Größen abgefeuert, sonst aber geht es um Fun, sportliche Side-Events, Filmfestival, Live-Interviews, Rave und einfach Zusammensein auf dem Outdoor-Festival.

Unsere Eindrücke, Interviewgespräch mit Raphael und Fotos kann man im Artikel: Orbit360 Gravity Bike Festival – Rennen? Nein, eine Erlebnisreise! nachlesen.