Sich gezielt über Klima und Nachhaltigkeit informieren – im Mediendschungel geht man schnell verloren. Hier helfen valide Quellen. Sie geben einen klaren Überblick aus wissenschaftlichen Fakten, sodass man die Zusammenhänge klar erkennen kann. Und sie zeigen Möglichkeiten, wie sich die Klimaziele doch noch erreichen lassen.
Zugegeben, ich habe mich schon oft verrannt in den Medien zum Thema Klima und Umweltschutz. Widersprüchliche Aussagen führen da leicht zu Frust und Ratlosigkeit. Dabei will man ja nur Zusammenhänge verstehen, um sich eine klare Meinung bilden und auch selbst handeln zu können. Ohne nebenbei noch ein Studium absolvieren zu müssen.
Valide und prägnante Information
Aber es gibt sie: informative, wissenschaftsbasierte Quellen, übersichtlich und klar dargestellt. Informationen zu Wirkungen und Auswirkungen ist das eine. Vor allem aber zeigen sich Lösungen und Chancen – oftmals liegen sie klar auf der Hand und es braucht nur kleine Anstupser, um den Stein ins Rollen zu bringen. Wer will sich schön von seinen Kindern udn Enkeln sagen lassen „Ihr hättet es ändern können. Aber ihr habt nicht gewollt.“ Dazu braucht es Technologieoffenheit und die Bereitschaft, etwas ändern zu wollen. Und – für die meisten in der Chefetage die größte Herausforderung – eine Änderung des Mindset: einen Blick auf lange Sicht statt kurzfristige Budgetierung.
Hier eine kleine Auswahl, die kompaktes Übersichtswissen bietet – natürlich könnte man die Liste noch erweitern.
- Klimafakten: Als Partner der Helmholtz Klima Initiative mit 15 wissenschaftlichen Zentren beruhen die fortlaufend aktualisierten Beiträge großenteils auf den Sachstandsberichten des Weltklimarats (IPCC): klimafakten.de; Basiswissen
- Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung: Website mit klarer Darstellung der Fakten sowie Zusammenhänge zwischen Klima und Wirtschaft: Potsdam Institut für Klimafolgenforschung
- Leopoldina Nationale Akademie der Wissenschaften: Als Vertreter der deutschen Wissenschaft im Ausland und Beratung für Politik und Öffentlichkeit bietet die Akademie übergreifende Informationen zu den Themen: Leopoldina: Klimaforschung und Klimawandel
- Earth League: Stellungnahmen und Key Facts zu Themen, die im Zusammenhang mit dem globlen Wandel stehen. Launch mit der United Nations Framework Convention on Climate Change (UNFCC) auf der aktuellen COP: 10 New Insights in Climate ChangeDetailliertere Hintergrund-Informationen lassen sich demIPCC-Report 2022 und dem UN Emissions Gap Report 2022 entnehmen (eine knappe Zusammenfassung des letzten ICPP-Berichts bietet das Umweltbundesamt).
Und besonders lebendig und einprägsam:
- Podcast „Klimabericht“ – Der Spiegel-Podcast zur Lage des Planeten: Einzelne Themen informativ und leicht verständlich aufbereitet, meist begleitet von Wissenschaftlern und -Wissenschaftlerinnen: Klimabericht – der Spiegel Podcast
- Visuell und interaktiv: In der Rhein-Neckar-Region bietet die interaktive Ausstellung KlimaArena ein spannendes Angebot. Sie richtet sich vor allem an Lehrkräfte, SchülerInnen und Familien mit Kindern. Auch Erwachsene profitieren von den gut präsentierten Themen-Stationen: KlimaArena Sinsheim
Technologieoffenheit
Technologie und gesellschaftliches Handeln gehören untrennbar zusammengehören. Sich auf Anpassung (oftmals polemisiert als evolutionärer Schritt) zu verlassen, bedeutet nun mal das Sterben vieler Menschen und ganzer Ökosysteme. Von weitreichenden Potenzialen für Autokraten ganz zu schweigen. Wir sind alle in der Verantwortung, Konzerne, KMUs, Start-ups und Einzelpersonen müssen jetzt umgestalten.
Denkt man an Klimaschutz, müssen zunächst die großen Lösungen betrachtet werden. Dabei steht der Ausbau erneuerbarer Energien an vorderster Front, allem voran der von Windrädern und Photovoltaik. Aber auch Bioenergie lässt sich noch stärker nutzen, aktuell wird z. B. nur ein Drittel des verfügbaren Tiermists als Ausgangsstoff eingesetzt. Auch Bioabfälle lassen sich verstärkt nutzen, z. B. aus der Lebensmittelproduktion hierzulande. Derzeit machen sie nur 5 % der eingesetzten Ausgangsstoffe für die Biogasproduktion aus.
Vielleicht muss man aber nicht immer im Großen denken, um Großes zu bewirken. Ein paar Beispiele: In meinem Gespräch mit den beiden Gründern des Ulmer Start-up ROKO Farming konnte ich erfahren, wie man vertical Farming neu denkt: Die beiden Brüder haben eine Pilotanlage entwickelt, die Obst- und Gemüsebauern die kontinuierliche Ernte von Pflanzenerzeugnissen auf kleinsten Raum ermöglicht – unter Einsparung von Wasser und Dünger durch eine prozessautomatisierte Kreislaufmethode. Interessanter Nebeneffekt: Flächen um den Faktor 300 lassen sich einsparen und für die Renaturierung statt für Monokulturen nutzen. Dies dient sowohl der Biodiversität sowie dem Klimaschutz.
Szenenwechsel – mit Blick in die Luft: Das Unternehmen Ineratec fängt CO2 aus der Luft ein, um synthethischen Kraftstoff für die Schifffahrt- und Flugzeugindustrie herzustellen. Das Besondere dabei: Das Karlsruher Unternehmen hat eine einzigartige chemische Reaktortechnologie entwickelt, die als mobile Kompaktanlage überall aufstellbar ist. So kann mit Überschussstrom aus erneuerbaren Energien mit dem Power-to-Gas-Verfahren aus elektrolytisch erzeugtem Wasserstoff und klimaschädlichem CO2 hochwertiges synthetisches Erdgas erzeugt werden. Ende 2022 hat Ineratec vom Bund eine Fördersumme von 6 Millionen Euro erhalten.
Doch wie wird der erste Schritt, das Einsaugen von CO2 aus der Luft, überhaupt möglich? Hier prescht das schweizerische Unternehmen Climeworks als Pionier voran, es ist eines unter fünf Unternehmen, die Direct Air Capture (DAC) marktfähig gemacht haben. Vorstellen kann man sich das Verfahren in punkto Funktion als eine Art „Schwamm“, nur dass es auf Fußballfeld-großen modulare Anlagen Platz findet und nicht wirklich wie ein Schwamm aussieht: Die Umgebungsluft wird über Ventilatoren angesaugt. Dabei strömt die Luft strömt durch ein hochselektives Filtermaterial, an dem die CO₂-Moleküle haften. Stark porös ist das Filtermaterial, schließlich soll eine große Oberfläche erzielt werden. Sobald der Filter gesättigt ist, wird er mithilfe erneuerbarer Energie, z. B. durch ein nahegelegenes Geothermiekraftwerk, erhitzt und das konzentrierte Kohlendioxid als reines Gas aus dem Filter abgeschieden. Der weitere Weg ist vielschichtig – wobei „Schicht“ schon eine Option beschreibt: So ist das Verpressen in tiefe Erdschichten möglich, was sich CCS, kurz für Carbon Capture and Stotage, nennt. Wie aber wäre es, das eingefangene CO2 zu nutzen – schließlich ist er ein wertvoller Rohstoff, wie es nicht nur Ineratec kennt. Auch die Bauindustrie, von Stahl- und betonwerken, benötigt den Rohstoff.
Auch die chemische Industrie hat starkes Interesse an Carbon capture, utilization, and storage (CCUS). CO2 aus der Luft einfangen, um Rohstoffe für Chemikalien herzustellen – damit beschäftigt sich auch ein Fraunhofer-Team aus Stuttgart und Straubing. Ihnen ist es gelungen, mittels aus der Luft adsorbiertem CO2 einen Farbstoff herzustellen. Den Artikel über den Ansatz als Kreislaufwirtschaft finden Sie hier.
Alles dreht sich um Reduzierung des CO2-Ausstoßes. Gleichzeitig muss das CO2, das bereits im Boden eingelagert ist, dort verbleiben – weshalb dem Wiedervernässen der Moore eine extrem große Bedeutung zukommt. Meine Artikel mit Informationen des Greifswald-Moor-Zentrums beschreiben die Bedeutung der Moore als Klimaschutzfaktor und wie sich renaturierte Mooren bewirtschaften lassen.

Moor Kaltenbronn, Schwarzwald ©Kay Dittner, unsplash
Zusätzlich wird bei allen CO2-Budget-Berechnungen bereits miteingepreist, dass bereits emittiertes CO2 aus der Atmosphäre entnommen wird. Über die gesamte Zeit seit der Industrialisierung ist Deutschland übrigens sechstgrößter CO2-Emittent – auch hier stehen wir in der Verantwortung. Vorreiterollen sind wichtiger denn je. Mit dem Ansatz Biokohle in Kombination mit Agroforst bietet sich eine interessante Möglichkeit, das Kohlenstoffdioxid wieder unter die Erde zu bringen, wie z. B. das Großprojekt Landwirtschaft 5.0 darlegt. Es beschreibt die Ansätze, die zusammen mit Agri-Photovoltaik riesige Potenziale bergen, wie der folgende Artikel beschreibt: Landwirtschaft 5.0: Mit Agri-Photovoltaik und Pflanzenkohle gegen die Klimakrise.
Die Rechnung zu Ende denken
Gleichzeitig mit schnell umsetzbaren Lösungen sind längerfristige Investitionen nötig, die zeitintensiver sind und deshalb jetzt forciert werden müssen. Und klar: Sie sind kostspielig. Wer glaubt, Klimaschutz und Erhaltung unseres Planeten seien günstig, liegt falsch. Jedoch nur für den Moment: Preist man aber die Folgekosten ein, die durch Nichteinhalten der Klimaziele entstehen, sieht es ganz anders aus. Hinterher-Aufräumen ist schon immer teurer gewesen. Nur: Ohne Handeln kommt man dann dem Aufräumen nicht mal mehr hinterher. Wenn ganze Landstriche überschwemmt oder verbrannt sind, der Boden vertrocknet und verarmt ist und Ökosysteme zerstört sind. Wenn Dürre und Hitze Menschenleben kosten. Das Bundeswirtschaftsministerium hat eine Studie in Auftrag gegeben, die den bevorstehenden Schaden durch die Klimakrise beziffern soll. Das Ergebnis: Bis zu 900 Mrd. Euro könnte sie uns bis 2050 kosten. Und das scheint nicht mal hochgegriffen: Seit dem Jahr 2000 haben hierzulande Schäden durch Auswirkungen der Klimakrise bereits einen Wert von 145 Mrd. Euro verursacht.
Man kennt es, das unliebsame Wort, die Kipppunkte. Pate dafür stehen eingebrochene, geschmolzene Arktis-Eisschilde. Die durch wärmere Wassertemperaturen den Jetstream beeinflussen. Und somit festhängende Wetterlagen mit verheerenden Auswirkungen bedeuten.
Das Erreichen der Klimaziele ist nun mal die einzige Option, die wir haben. Viele der Wege dazu kennen wir schon lange, wie Ausbau der erneuerbaren Energien, Transformation der industriellen Prozesse und des Bausektors, Ausbau des Schienennetzes, Transformation der Landwirtschaft – und der Gesellschaft. Manche Berufe werden verschwinden, es ergeben sich neue und spannende Aufgaben. Das Umlenken in zukunftsträchtige ist dringend nötig.

Agri-Photovoltaik, ©Mariana Proença/unsplash
Vorwärtsgewandt bei Klima und Nachhaltigkeit
Es ist klar: Die Politik muss die Rahmenbedingungen schaffen. Das demokratische Wählerstimmensystem mag da als Hürde erscheinen. Ist es das? Inzwischen haben alle verstanden, dass der Klimawandel eine ernste Situation weltweit darstellt. Und gleichzeitig eine Chance für unser Wertesystem, unsere wirtschaftliche Neuausrichtung und wie wir leben wollen – auf den einzigen Planeten, den wir haben. Um dem geordnet und mit Perspektiven entgegenzutreten, braucht es zum einen eine agile Politik, die den Rahmen vorgibt, selbst wenn einiges zunächst unbequem erscheint. Zum anderen Innovation und ein neues Mindset. Und die betreffen eben auch Unternehmen und einzelne Personen. Die Veränderung kommt eh. Vier-Jahres-Denke mit Bestandsbewahrungsattitüde ist hingegen längst aus dem Rahmen gefallen.
Offen sein ist das, was wir brauchen: Es fängt beim bewussten Handeln eines Einzelnen an und geht in Gruppendynamiken über. Nutzung von ÖPN, Überdenken von Einkaufszetteln und Anfahrtswegen, Einbau von Wämepumpen und PV-Anlagen, immer wieder Verlautbaren von schnell umsetzbaren Möglichkeiten. Schließlich zählen unsere Stimmen dann doch. Die Einzellösungen sind dann kein blinder Fleck mehr. Egal, ob es um Mehrwertsteuersenkungen für die Grundnahrungsmittel Obst und Gemüse geht, um günstige ÖPNV-Tickets oder Tempolimit. Ja, auch einige Autokonzerne fordern inzwischen ein Tempolimit – wenn auch aus intrinsischem Druck heraus. Das Ziel muss letztendlich immer das gleiche sein: eine schnelle CO2-Reduktion, um wenigstens noch das 2° Ziel zu erreichen.
Eine vorwärtsgewandte Politik mit zukunftsträchtigen Investitionen und Abbau schädlicher Subventionen ist das eine. Wir aber können unserer Stimme Ausdruck geben, mitdenken und mitgestalten. Um letztendlich innovative Ansätze umzusetzen und solche aus Forschung, Entwicklung und Institutionen zu unterstützen. Und damit weltweit mit Lösungen ernstgenommen zu werden. Lösungen, die dauerhaft sinnvoll und nachhaltig wirtschaftlich sind. Die stabile Basis dazu bilden valide Informationen. Und wer weiß: Vielleicht entspringen dabei auch zündende neue Ideen. Kreativität steckt schließlich in unseren Genen und unterscheidet uns von jeglicher künstlichen Intelligenz, die wir für zeitfressende, sterile Arbeiten nutzen können. Wir sind jetzt ja solar…sorry, sensibilisiert, Erfindungen und Entwicklungen mit Leuchtkraft lassen wir nicht mehr in Schubladen vergilben und setzen sie dann beherzt um.
Titelbild: © Sorin Gheorhita / unsplash
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